Open Science in der Wissenschaftskommunikation

Welche Auswirkungen hat die digitale Öffnung der Wissenschaft auf den Bereich der Wissenschaftskommunikation? Sabrina Koller, Sophie Elisabeth Killmann und Jessica Kwiatkowska berichten von einer Diskussionsrunde mit Impulsgeberin Claudia Frick von der TH-Köln, die dieser Frage nachging.


Die Bedeutung der Wissenschaftskommunikation

Von Sabrina Koller

Ob Karl Lauterbach bei Markus Lanz oder MaiLab auf YouTube – Wissenschaft ist in der Öffentlichkeit angekommen und erreicht sämtliche Bevölkerungsgruppen. Besonders in der Corona-Pandemie war die Berichterstattung über Wissenschaft so präsent wie schon lange nicht mehr und das Bedürfnis nach Fachwissen seitens der Bevölkerung so groß wie selten zuvor.

Das Interesse an Wissenschaft ist gestiegen, was allerdings nicht nur positive Auswirkungen mit sich bringt. So wie die Barrieren zum Zugang zu Wissen sinken, sinken auch die Barrieren eine breite Masse zu erreichen und vermeintliches „Wissen“ zu verbreiten. Jede:r kann heute als Expert:in auftreten, eine Studie auswählen und Behauptungen über deren Inhalt aufstellen. Um zu hinterfragen, ob diese Behauptungen richtig sind oder nicht, benötigt es mindestens Informationskompetenz bis hin zu Data Literacy oder Scientific Literacy. Es kann schwierig sein, Informationen einzuordnen und Glaubwürdigkeit zu erkennen. Gerade in der Corona-Pandemie lassen sich die Auswirkungen dieser fehlenden Kompetenzen erkennen. Ein Beispiel dafür sind fragwürdige Spenden-Tricks der „Querdenken“-Hintermänner, die sich auch dank des Unwissens Millionenbeträge anhäufen konnten.

Doch wie kommt das benötigte Wissen, um Informationen zu hinterfragen, mit an die Öffentlichkeit? Schon lange wird gefordert, dass die Vermittlung von Informationskompetenz bereits an Grundschulen notwendig ist. Neben (Volkshoch-)Schulen können Öffentliche und Wissenschaftliche Bibliotheken als Bildungsinstitutionen einen Beitrag leisten. Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte kommunizieren, wie seriöse Wissenschaft erkennbar und Forschung zu verstehen ist. Das kann nebenbei in den Nachrichten erfolgen, wenn über neue wissenschaftliche Erkenntnisse berichtet wird, oder in zusätzlichen Reportagen. Viele sind nicht nur an den wissenschaftlichen Ergebnissen interessiert, sondern auch daran, wie sie entstehen.

Offenheit und Kommunikationsstärke

Neben den wissenschaftlichen Qualifikationen sind Fähigkeiten wie Umgang mit Kritik, soziale Kompetenzen, Selbstvertrauen und Offenheit bedeutend. Für Open Science ist eine eigene offene Haltung unabdingbar – die Offenheit in der Forschung geht mit der Offenheit für andere Menschen und Themen einher. Forschende sollten eine aktive Wissenschaftskommunikation betreiben und im Zweifel bei Falschinterpretationen der eigenen Publikation auftreten, auflösen und aufklären.

Jedoch sind nicht alle Forschenden starke Kommunikator:innen. Wie in allen Bereichen gibt es auch für Kommunikation Expert:innen – nicht umsonst haben Wissenschaftseinrichtungen eigene Kommunikations- bzw. PR-Abteilungen. Daher ist es auch legitim, die Arbeit aufzuteilen – oder diese Kompetenz mit in die Curricula aufzunehmen.

Links

  • https://www.zbmed.de/en/about/press/latest-news/article/invitation-open-science-barcamp-2021/ (letzter Zugriff am 15. August 2021)
  • https://netzpolitik.org/2020/intransparenz-die-fragwuerdigen-spenden-tricks-der-anti-corona-bewegung/ (letzter Zugriff am 15. August 2021)

Mitarbeiten, Mitmachen, Mitreden

Von Sophie Elisabeth Killmann

Wissenschaft allen interessierten Forschenden zugänglich zu machen und ihnen damit die Möglichkeit zu geben, gemeinschaftlich an Ideen zu arbeiten, auf bereits vorhandene Ergebnisse aufzubauen und der Allgemeinheit eine größtmögliche Basis an Information zu bieten, das bedeutet Open Science. Das wirkt sich auch auf die Wissenschaftskommunikation aus!

Die Diskussion begann mit der Nennung des Vorteils schlechthin: Durch den freien Zugang und die freie Verfügbarkeit von Informationen wird die Kommunikation vor allem vereinfacht und Kommunikationsbarrieren werden abgebaut. Die Vielfalt an Möglichkeiten, als Wissenschaftler:in Inhalte zu kommunizieren, ist dabei immens: Wissenschaftskommunikation kann über Forschungseinrichtungen, aber auch privat, in Form von Wissenschaftsjournalismus und unabhängig auf Social-Media-Plattformen stattfinden.

Dass Forschende ihre eigene Forschung nach außen tragen können, ist dabei nicht nur ein Vorteil für die Wissenschaftler:innen selbst, sondern auch für die Rezipienten der jeweiligen Kommunikationskanäle. Durch die persönlichere Ebene, die die Kommunikation dabei annimmt, ist es möglich, direktes Feedback an die Forschenden zu geben, Fragen zu stellen und sich auch als Laie einem Thema zu nähern. Ein Haken dabei: Es gibt plötzlich keine alleinigen Sachverständigen für einzelne Themengebiete mehr: Jede:r kann Expert:in werden und seine Meinung kundtun. Dies bringt besonders bei komplexen Themen Schwierigkeiten mit sich. Themen müssen plötzlich auf einer Ebene dargestellt werden, die für die Allgemeinheit nachvollziehbar ist und nicht für das übliche Fachpublikum. Hier wird viel an Kommunikationstalent von den Wissenschaftler:innen verlangt. Die Gefahr der Falschinterpretation und der Verbreitung von falschen Fakten ist hoch.

Ein weiteres diskutiertes Thema baut hierauf auf: Sollten Forschende zur Wissenschaftskommunikation nach außen verpflichtet werden? Und: Kann überhaupt jede:r Forschende wissenschaftlich auf eine bestimmte Weise nach außen kommunizieren? Zumal hier das Talent zählt, sich eloquent und für alle verständlich auf einer niederschwelligen Ebene auszudrücken. Sollte also Wissenschaftskommunikation ein Teil des Curriculums sein oder gibt es einfach diejenigen, die es können und die, die es nicht können?

Ein anderer Teil der Diskussion widmete sich dem Problem der Qualitätssicherung in der Forschungskommunikation. Hier ist die Schwierigkeit, in der mangelnden Orientierung an Mechanismen begründet. Es gibt keine Qualitätssicherungsverfahren wie bei der Veröffentlichung von wissenschaftlichen Artikeln, zudem fehlt die Expertise in der Gesellschaft.

Sowohl für das Näherbringen von Kommunikationsmöglichkeiten an Forschende als auch für die Vermittlung von Kompetenzen an Laien wurden Bibliotheken in der Pflicht gesehen. Besonders Öffentliche Bibliotheken können hier Angebote machen und Methoden in den Bereichen der Informations- und Medienkompetenz an ihre Nutzenden herantragen, damit in Zukunft die Wissenschaft als Gemeinschaftsprojekt gelingen kann.


Wissenschaft ohne jegliche Kommunikation?!

Von Jessica Kwiatkowska

Haben wir beim Open Science Barcamp 2021 etwa einen Weg gefunden, Wissenschaft ganz ohne Kommunikation zu ermöglichen?

Die Teilnahme an einem Barcamp ermöglicht es einerseits vielen spannenden Diskussionen zu lauschen, andererseits ist es auch möglich, eigene Meinung und Gedankenansätze zu äußern. Im gleichen Zuge hört man aber auch viele andere Meinungen und verschiedene Gedankenansätze. Meinungspluralität ist für mich persönlich besonders wichtig, da es mir hilft, viele verschiedene Sichtweisen und somit positive als auch negative Aspekte herauszufiltern. So kann ich mir am Ende meine eigene Meinung bilden.

Nun aber zur oben gestellten Frage: Ist Wissenschaft ohne jegliche Kommunikation überhaut wirklich möglich? Ich denke mal, wir alle kennen die Antwort: Nein, natürlich funktioniert Wissenschaft nicht ohne irgendeine Art von Kommunikation. Hier verhält es sich wie in den meisten Bereichen des Lebens – die wenigsten Dinge funktionieren ohne Kommunikation. Aber wie wichtig ist Kommunikation innerhalb der Wissenschaft? Wie funktioniert gute wissenschaftliche Kommunikation?

Wissenschaftskommunikation innerhalb der Open Science Bewegung, also auch Open Access und Open Source, bietet viele Möglichkeiten. Eine Frage am Ende der Diskussion war, wie Open Science Wissenschaftskommunikation beeinflusst. Wissenschaft beeinflusst immer auch die Öffentlichkeit und die Öffentlichkeit mit ihren dazugehörigen Individuen wird größtenteils durch Kommunikationsplattformen vertreten, beispielsweise durch Social-Media-Kanäle (Twitter, Instagram etc.). Diese bereichern die Wissenschaftskommunikation, indem sie eine vernetze Wirkung erzielen und dabei orts- und zeitunabhängig sind. Andererseits geht es auch darum, zur Diskussion anzuregen. Durch diese Diskussion, also auch durch den Austausch von Meinungen, werden Thesen aufgegriffen, besprochen, ggf. entkräftet und neue wieder aufgestellt. Dieser Kommunikationsfluss ist essentiell für den wissenschaftlichen Diskurs. Um einen solchen Kommunikationsfluss gewährleisten zu können, kann man sich zum Beispiel auch bestimmter Software Tools bedienen. Diese sollten – ähnlich wie Social-Media-Plattformen – eine zeit- und ortsunabhängige Kommunikation ermöglichen. Ferner sollte die Qualität dieser Netzwerke beachtet werden. Eine Qualitätsprüfung ist gerade im wissenschaftlichen Kontext von hoher Bedeutung und ist daher Bestandteil jeder guten wissenschaftlichen Arbeit.

Mein Fazit: Wissenschaft ohne Kommunikation funktioniert nicht. Aber, und ich denke das ist für uns alle wichtig, Wissenschaftskommunikation befindet sich im Wandel. Durch veraltete Strukturen der Kommunikation werden wir nicht vorankommen. Aber wieso sollten wir diese auch nutzen wollen? Im Grunde genommen passt sich die Wissenschaftskommunikation dem digitalen Wandel an und dieser bietet viele neue und gute Möglichkeiten Wissenschaftskommunikation zu modifizieren.

DOI (Digitalausgabe): https://doi.org/10.48664/fc0k-kv33

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