Wie kann man offene Lizenzen in möglichst viele Köpfe bekommen? Oder was haben Bibliotheken mit offenen Lizenzen zu tun?

Offene Lizenzen – klingt auf dem Papier schön und gut, aber wie bekommt man das Thema in möglichst viele Köpfe, damit man auch das Ausmaß dahinter versteht? Und was bedeutet es für jede:n einzelne:n, wenn man mal wieder nicht weiß, wie man welches Dokument nutzen darf? Mit dieser wichtigen Thematik befassten sich mehrere Sesisons, aus denen Nina Ruffing, Nina Wiese und Laura Knipp berichten.


Offene Lizenzen in Schule und Lehre

Von Nina Wiese

Am 25. und 26. Juni diesen Jahres war es soweit: Das Open Science Barcamp 2021 fand statt. Dieses Mal digital und hauptsächlich von Studierenden der TH Köln organisiert. Auch der Treffpunkt war eine Neuheit, denn das Barcamp fand online auf der Plattform wonder.me statt.

Was sich nicht geändert hat: Auch bei der Online-Version aus Köln kam es wieder zu angeregten Diskussionen. Zum Beispiel, was das Thema offene Lizenzen betrifft. Für die Teilnehmenden des Open Science Barcamps sind offene Lizenzen natürlich keine Neuheit mehr und gehören schon zum Alltag. Doch wie sieht es mit anderen Forschenden aus, besonders denjenigen, die gerade erst promoviert haben? Oder mit Studierenden?

Umfrageergebnisse zu Open Access

Eine anderthalb Jahre lange Umfrage bei Early Career Researchern zum Thema Open Access hat ergeben, dass die meisten nicht einmal die Basics wissen und den goldenen Weg nicht vom grünen Weg unterscheiden können. Auch viele studentische Teilnehmende beim Barcamp haben bestätigt, dass sie vor ihrem Studium noch nie von Open Access gehört haben. Was kann man also dafür tun, dass Open Access und Lizenzen, wie die Creative Commons-Lizenz, zum Grundwissen werden?

Open-Access-Pflicht für Bachelorarbeiten?

Eine Möglichkeit wäre es, dass man hochschulweit alle Bachelorarbeiten Open Access veröffentlicht. So muss sich jede:r Studierende einmal praktisch mit dem Thema Lizenzen auseinander setzen. Aber auch andere kreative studentische Arbeiten könnten online frei zur Verfügung gestellt werden. Wichtig ist dennoch, dass weiterhin eine gewisse Qualitätssicherung besteht. Nicht jede Bachelorarbeit ist gut genug, um auch öffentlich gemacht zu werden. Also sollte man ein paar Regeln aufstellen, z.B. dass nur Bachelorarbeiten ab einer gewissen Note publiziert werden. Die Qualität sollte – wie immer – vor der Quantität stehen.

Je früher, desto besser: Lizenzen als Schulfach?

Man könnte aber auch überlegen, das Thema Lizenzen bereits viel früher an die Menschen zu bringen. Eine Integration in die Lehrpläne der Schule wäre da eine weitere Möglichkeit. Denn auch in den meisten Schulen werden in den Oberstufen bereits Facharbeiten geschrieben, also wäre ein ausreichendes Lizenz-Wissen vom Vorteil. Außerdem hätte man auch hier einen ersten praktischen Berührungspunkt und dies ist immer viel lehrreicher und einprägsamer, als wenn man etwas nur theoretisch lernt.

Hilfe in Form einer App?

Eine weitere Idee, die während der Diskussion beim Barcamp aufgekommen ist, wäre eine App fürs Smartphone zu entwickeln. Besonders eher unerfahrene Forschende können bei der Masse an verschiedenen Lizenzen schnell erschlagen werden. In diesem Fall könnte eine App als Informationsplattform dienen, um über die verschiedenen Lizenzen zu informieren und dem oder der Nutzer:in so bei der Entscheidung zu helfen.

Zusammenfassendes Ergebnis

Man sieht, dass es die unterschiedlichsten Möglichkeiten gibt, um das Thema offene Lizenzen präsenter in die Köpfe der Menschen zu bekommen. Wichtig ist, dass man nicht nur darüber redet, sondern es auch praktisch ausübt. Und das möglichst früh. 

Abschließendes Urteil einer Studentin

Ich bin nun im vierten Semester meines Studiums und bin erst jetzt darüber unterrichtet worden, was so etwas wie Creative-Commons-Lizenzen eigentlich sind. Doch trotz meines theoretischen Wissens bin ich nicht ganz sicher, ob ich es auch korrekt in die Tat umsetzen könnte. Ich teile die Meinung, dass man offene Lizenzen so früh wie möglich unterrichten sollte, am besten schon in Schulen. Beim Unterrichten sollte es aber nicht bleiben; damit das Thema wirklich hängen bleibt, sollte man es auch praktisch ausüben. Nur so kann man erfolgreich daran arbeiten, dass offene Lizenzen irgendwann zum Grundwissen gehören.


Offene Lizenzen und die Rolle der Bibliotheken

Von Nina Ruffing

Die Session begann damit, dass alle ihre Erfahrungen und ihr Wissen zu offenen Lizenzen und Creative Commons in die Runde warfen. Alle orientierten sich dabei sehr stark an Bibliotheken und wie sie dieses Thema an die breite Öffentlichkeit bringen können. Dabei sind wir letztendlich zu dem Entschluss gekommen, dass Bibliotheken einen wesentlichen Beitrag dazu leisten können, wie dem Thema rund um offene Lizenzen mehr Beachtung geschenkt werden kann. Bibliotheken sollen als Wegweiser durch offene Angebote oder Dienstleistungen darüber informieren, welche Dimensionen offene Lizenzen annehmen können, damit ein besseres Verständnis dafür geschaffen werden kann.

Bevor die Session endete, hatten wir noch etwas Zeit, um das Thema außerhalb von Bibliotheken zu betrachten und waren uns nach einer kurzen Diskussion darüber einig, dass öffentlich finanzierte Daten auch öffentlich nutzbar bzw. einsehbar sein sollen und nicht hinter einer Paywall zurückgehalten werden.


Verantwortungsproblem Offene Lizenzen: Wer will aufklären? Wer muss aufklären?

Von Laura Knipp

Diese Frage wurde Hauptdiskussionspunkt in unserer Barcamp-Session. Die Titelfrage „Wie bekommen wir das Thema ‚offene Lizenzen‘ in möglichst viele Köpfe?“ gehört zwar zu dem Thema der Verbreitung von öffentlichen Lizenzen, jedoch mit einem anderen Ansatz. Sie geht nicht der Frage nach dem „Wie“ nach, sondern der Frage nach dem „Wer“. Wer ist für die Wissensvermittlung und Beratung zuständig? Wer trägt die Verantwortung? Dieser Aspekt ist dadurch aufgekommen, dass eine Mitarbeiterin des DeGruyter-Verlags von einer Befragung unter Kund:innen erzählt hat, bei der herauskam, dass diese zwar eine Vorstellung von Open Access hatten, aber wenige offene Lizenzen wie die CC-Lizenzen kannten oder gar erklären konnten. Dies sei ein Problem, welches gelöst werden müsse. Denn CC-Lizenzen sind eine gute Möglichkeit für Open-Access-Veröffentlichungen. Sie sind frei und einfach im Umgang. Nachnutzende wissen direkt, was sie von dem Artikel/der Arbeit etc. benutzen dürfen und wie es zu handhaben ist. Aber wer übermittelt dieses grundlegende Verständnis, damit die Lizenzen auch zum Einsatz kommen?

Viele sehen hier die Bibliotheken in der Verantwortung. Es wurde jedoch angemerkt, dass Bibliotheken häufig erst in den Fokus der Publizierenden rücken, wenn es tatsächlich um den Publikationsprozess geht – dann könnte es für die Aufklärung schon zu spät sein. Hier besteht Kritik an der Präsenz der Bibliotheken in diesem Feld. Diese hätten aber oft keine Expertise, da das Thema Lizenzen ein „zu breites Feld“ sei. Hier greife das „Train-the-Trainer“-Problem, selbst Spezialist:innen könnten das Thema schwer erklären, dennoch wäre es ein großer Fortschritt, wenn Bibliotheken hier Expertise aufbauen würden, denn das Wissen um Lizenzmodelle müsse auf jeden Fall vermittelt werden.

Wo also fängt man an, das Thema zu behandeln? Die Überlegungen in der Session sehen an dieser Stelle schon Potenzial in der Vermittlung in den Oberstufen der weiterführenden Schulen: Hier stehen die ersten Arbeiten in Form von Hausarbeiten an, die im Aufbau einer Uni-, Haus- und Bachelorarbeit angeglichen sind. Damit die Schüler:innen wissen, welche Quellen sie benutzen und wie sie eingebunden werden dürfen, sollte hier schon vermittelt werden, welche Lizenzen gelten und wie die Informationen genutzt werden können.

Schlussendlich kann man am Ende der Session sagen, dass Forschungsergebnisse und -entwicklungen festgehalten und mit der Öffentlichkeit geteilt werden sollten. Hier helfen offene Lizenzen, die Wissenschaft transparenter zu machen und einen Mehrwert zu schaffen. Eine Lösung für die Frage wie das Wissen zu offenen Lizenzen vermittelt werden kann und wer dafür verantwortlich ist, wurde zwar nicht gefunden. Trotzdem gibt es einen Ansatz, der durchaus das Potenzial hat, weiterentwickelt zu werden, und der eine mögliche Lösung in Aussicht stellt.

DOI (Digitalausgabe): https://doi.org/10.48664/gybs-t977

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