Stefan Krupp berichtet aus der Session „Offene Fragen zu den rechtlichen Aspekte bei Research Software Development“. Als Wikipedianer ist er ein Anhänger von freien Lizenzen.
Die Wissenschaften werden immer digitaler. Wissenschaftlichen Bibliotheken fehlt es oft an Personal und Know-how, wenn es um Forschungssoftware geht, die erhobene Daten erst nutzbar macht. Holen die Bibliotheken hier nicht auf, werden sie von kommerziellen Akteuren verdrängt und überflüssig gemacht.
Dieses düstere Bild zeichnete Konrad Förstner (ZB MED / TH Köln) beim Barcamp des Leibniz-Forschungsverbundes Open Science, welches dieses Jahr erstmalig durch Studierende der TH Köln unter Federführung von ZB MED organisiert wurde. Was war der Anlass für diese beunruhigende Diagnose?
Der Reihe nach: Die Session beschäftigte sich mit offenen Fragen zu rechtlichen Aspekten bei Research Software Development. Im Rahmen des Forschungsprozesses wird zunehmend auch Software entwickelt, die zugleich eine (neue) Methodik beinhaltet, beispielsweise in Form von Analyse-Skripten. Die Urheberschaft bleibt dabei oft unklar – zumal, wenn befristete Mitarbeitende an ihr beteiligt sind – und die Software wird in der Regel nicht lizenziert. Juristisch handelt es sich um ein „riesiges Minenfeld“ (Förstner), wo vieles noch nicht abschließend geklärt ist. Im Kontext des Aufbaus der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur gehört die dazugehörige Software zu den Kernthemen.
Einig waren sich die Teilnehmenden der Session darin, dass die Archivierung der Forschungssoftware als Teil der guten wissenschaftlichen Praxis im Sinne der FAIR-Prinzipien eine Kernaufgabe wissenschaftlicher Bibliotheken ist. Die Software sollte unter freier Lizenz veröffentlicht und an zitierfähigen Orten abgelegt werden, z.B. auf Zenodo, wo für jede Version ein DOI vergeben werden kann. Bibliothekar:innen sollten ein grundlegendes Wissen über Langzeitarchivierung und Lizenzierung haben. Dazu müssen bereits im Studium entsprechende Kompetenzen erworben werden.
Als ein Problem wurde Personalmangel identifiziert, der zu Lasten eigenständiger Programmiertätigkeit geht und oft zur Inanspruchnahme kommerzieller Anbieter führt. Hier gilt die Faustregel: Je kleiner der Fachbereich, desto größer die Abhängigkeit. Kann dann die entsprechende Software aus Lizenzgründen nicht (mehr) verwendet werden, sind die mit ihr erhobenen Daten nutzlos und der Forschungsprozess kommt zum Erliegen. Zudem ist der Umstieg auf andere (Open-Source-) Software schwierig, wie eine Bibliotheksleiterin anmerkte. Verfügt die Einrichtung bereits über eine eigene Software-Lösung, so muss diese kontinuierlich gepflegt werden. Auch dafür braucht es ausreichend personelle Ressourcen.
Um entsprechende Open-Source-Lösungen zu entwickeln und damit den kommerziellen Anbietern etwas entgegensetzen zu können, bedarf es daher einer Bündelung der Kräfte. Hierzu sind zentrale Lösungen größerer Zusammenschlüsse (der Hochschulen) ein dringendes Desiderat. Dazu braucht es zunächst Austausch und Vernetzung. Zum Beispiel bei einem Barcamp.
Weiterführende Lektüre:
Konrad, Uwe; Förstner, Konrad; Reetz, Johannes; Wannemacher, Klaus; Kett, Jürgen; Mannseicher, Florian (2020): Positionspapier Digitale Dienste für die Wissenschaft. http://doi.org/10.5281/zenodo.4301924
DOI (Digitalausgabe): https://doi.org/10.48664/0v49-dt51
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