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Buchstäblich unverzichtbar: ‚Weiter Wissen‘ und die unersetzliche Rolle wissenschaftlicher Bibliotheken

Die Kampagne „Weiter Wissen“ setzt die Themenvielfalt Wissenschaftlicher Bibliotheken ins Rampenlicht.

Von Elke Roesner

„Kaffee trinken und Bücher lesen“, kam jüngst als Antwort auf die Frage, was Bibliothekar:innen beruflich machen. Die Stereotypen zu Öffentlichen und Wissenschaftlichen Bibliotheken sind bekannt, die Klischees verstaubt. Eine solch falsche Einschätzung ließe sich eventuell noch akzeptieren, wenn sie nicht die Gefahr in sich trüge, dass dadurch das essentielle Fundament der Wissenschaft wegbräche. Im normalen Kampf um öffentliche Fördergelder reihen sich auch die Wissenschaftlichen Bibliotheken seit langem still und leise ein.

„Unsere wichtigen Entscheidungsträger:innen müssen die Leistungen der Wissenschaftlichen Bibliotheken als Infrastruktur anerkennen, damit die hochwertige Forschung in Deutschland in ihrer Tiefe und Breite auch morgen erhalten bleibt“, formuliert Prof. Dr. Dietrich Rebholz-Schuhmann, Wissenschaftlicher Direktor von ZB MED, den Ernst der Lage.

Trotz ihrer entscheidenden Rolle führen Wissenschaftliche Bibliotheken ein Schattenleben in der öffentlichen Aufmerksamkeit. Es braucht ernsthafte Lobbyarbeit, um das gesamte Spektrum der grundlegenden Arbeiten von Wissenschaftlichen Bibliotheken für Wissenschaft und Forschung und als Eckpfeiler für Demokratie zu verdeutlichen. Bei dieser Feststellung und einem tiefen Seufzer blieb es in der Vergangenheit zumeist.

Die Kampagne „WEITER WISSEN“ stellt sich dieser Herausforderung mit Leidenschaft und Entschlossenheit.

Die Kampagne, eine gemeinsame Initiative von 15 renommierten Wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland, ist mehr als nur ein Projekt – sie ist eine Reise. Eine Reise, um die Bedeutung und Vielfalt dieser Institutionen hervorzuheben und ihr Ansehen zu stärken. Sie wurde von engagierten Kommunikator:innen aus Wissenschaftlichen Bibliotheken und vom Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) ins Leben gerufen. Wie bei vielen guten Aktionen entstand die Idee eher zufällig. In einem Brainstorming zu einem anderen Thema, kristallisierte sich die Idee heraus, gemeinsam eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und die zentralen Handlungsfelder optisch und inhaltlich deutlich auf analogen und digitalen Kanälen auszuspielen. Der Deutsche Bibliotheksverband als Lobbyist für Bibliotheken war sofort von der einzigartigen Idee begeistert und lieferte die Plattform und die Organisationsstruktur im Hintergrund.

Worum geht es bei der Kampagne der Wissenschaftlichen Bibliotheken?

Bibliotheken sind nicht nur Orte des Lernens und der Forschung, sondern auch Hüter des kulturellen Erbes. Meist fällt das erst auf, wenn ein solcher Wissensschatz verloren geht. Wie digital die Bibliotheken seit langem sind und welche Rolle sie zum Beispiel auch beim Management von Forschungsdaten spielen, ist sehr wahrscheinlich nur einem kleinen Kreis bewusst.

Im Mittelpunkt der Kampagne steht die dringende Notwendigkeit, die komplexen Aufgabenfelder der Wissenschaftlichen Bibliotheken transparenter zu gestalten. Denn nur durch dieses Bewusstmachen können Vertrauen und Verständnis aufgebaut werden – sowohl bei den Nutzer:innen als auch bei den Entscheidungsträger:innen und Geldgebern.

Was sind die Hauptbotschaften?

Uns geht es darum, die Vielfalt der Arbeitsgebiete aufzuzeigen, die alle Wissenschaftlichen Bibliotheken in jeweils individueller Ausrichtung betreuen:

Open Access, Forschungsdatenmanagement, digitale Langzeitarchivierung, kulturelles Erbe sowie Forschung und Entwicklung.

Auf Plakaten, Postkarten, Flyern, Bannern, Rollups, Anzeigen und auf Social Media wurden diese Themen in knackige Botschaften gegossen:

  • Forschung für alle zugänglich. Mit uns. Wissenschaftliche Bibliotheken engagieren sich aktiv für Open Access, um eine kostenfreie Informationsversorgung für alle zu ermöglichen.
  • Vom Datenberg zur Wissensquelle. Mit uns. Wissenschaftliche Bibliotheken bieten Forschenden umfassende Unterstützung bei der langfristigen Aufbewahrung und Zugänglichmachung ihrer Forschungsdaten, einschließlich Beratungs- und Schulungsangeboten.
  • Für immer Daten gesichert. Mit uns. Wissenschaftliche Bibliotheken sind Experten für die digitale Langzeitarchivierung. Sie gewährleisten die langfristige Verfügbarkeit wertvoller Sammlungen und Forschungsdaten bei Gefahren wie Verlust, Feuer, Wasser und Cyberangriffen.
  • Kulturerbe bewahren für Generationen. Mit uns. Wissenschaftliche Bibliotheken sammeln und kuratieren kulturelles Erbe, auch bevor es als solches erkannt wird, um sicherzustellen, dass es für zukünftige Generationen zugänglich bleibt und sorgfältig gepflegt wird.
  • Infrastrukturen und Services für die Wissenschaft. Mit uns. Wissenschaftliche Bibliotheken gehen über die Bereitstellung von Informationen hinaus und entwickeln eigene digitale Infrastrukturen, die Daten unterschiedlicher Art nutzungsfreundlich aufbereiten. Sie betreiben auch anwendungsorientierte Forschung, um zukünftige Services optimal gestalten zu können.

Durch die sofortige Begeisterung seitens des dbv-Vorstands motiviert, haben wir zahlreiche Prominente um unterstützende Statements gebeten. Die Resonanz war und ist überwältigend: Nicht nur Wissenschaftler:innen aller Disziplinen, sondern auch Schriftsteller:innen haben uns sofort knackige Statements geliefert. So sind beispielsweise Melanie Brinkmann, Claudia Kemfert, Mojib Latif, Uwe Timm, Kirsten Boie, Christoph Schmidt, Hans-Werner Sinn oder Maja Göpel mit an Bord und unterstützen die Kampagne.

Doch die Kampagne geht über bloße Öffentlichkeitsarbeit hinaus. Sie zielt darauf ab, Wissenschaftliche Bibliotheken als attraktive Arbeitgeber und Ausbildungsstätten zu positionieren. Sie möchte auch Quereinsteiger:innen ermutigen, sich diesem faszinierenden Bereich anzuschließen und einen Beitrag zur Bildung und Forschung zu leisten.

Ein zentraler Gedanke der Kampagne ist die Einheitlichkeit. Durch ein gemeinsames Konzept und ein einheitliches visuelles Erscheinungsbild können die Bibliotheken ihre Botschaft kraftvoller vermitteln. Es geht nicht darum, einzelne Bibliotheken ins Rampenlicht zu rücken, sondern vielmehr darum, die Stärken und Möglichkeiten des gesamten institutionellen Typus der Wissenschaftlichen Bibliothek hervorzuheben. Dennoch kann jede Bibliothek in eigenen Beispielen zeigen, wie sie das jeweilige Thema bedient.

Die initiierenden Bibliotheken sind keine Unbekannten: Von den drei Zentralen Fachbibliotheken TIB, ZB MED und ZBW, National-, Staats- und Landesbibliothek bis zu Universitätsbibliotheken, z.B. in Leipzig oder Mannheim sind sie die Eckpfeiler des deutschen Wissenschaftssystems. Gemeinsam arbeiten sie in einer Steuerungsgruppe, um die Kampagne weiterzuentwickeln und ihre Kommunikationsmaßnahmen abzustimmen.

Je mehr Bibliotheken mitmachen, umso größer ist die Sichtbarkeit.

Mit dem Start der Kampagne im Januar 2024 kamen immer weitere Wissenschaftliche Bibliotheken dazu. Unter https://www.bibliotheksverband.de/kampagne-weiter-wissen kann jede Bibliothek sich die Grafiken und Templates zur eigenen Anwendung kostenlos herunterladen und weiter nutzen – dank der Basisarbeit des dbv und der 15 Bibliotheken, die sich das Ganze ausgedacht haben.

Die wahre Kraft dieser Kampagne liegt nicht nur in den Institutionen, sondern in den Menschen dahinter. Die Informationsinfrastrukturen aka Wissenschaftliche Bibliotheken stellen den Zugang zu qualitätsgesicherter Fachliteratur und Daten bereit, trainieren Studierende und Forschende von Programmieren bis zu Forschungsdatenmanagement und dem Umgang mit elektronischen Laborbüchern, fördern das lebenslange Lernen und die Vermittlung von allen Kenntnissen, die es für Open Science braucht. Es wird Zeit, dass diese besonderen Fachkompetenzen und die Menschen dahinter laut und deutlich sichtbar werden.

Diese Kampagne ist eine Einladung – eine Einladung, sich anzuschließen, teilzunehmen und gemeinsam die Bedeutung wissenschaftlicher Bibliotheken zu feiern. Denn nur durch gemeinsame Anstrengungen können wir sicherstellen, dass wir alle „WEITER WISSEN“.

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