1847-2022 – der Bonner Standort von ZB MED wird 175 Jahre alt

Zusammengestellt von Lea Graefrath

Seit 2001 hat ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften zwei Standorte: der Bereich Medizin und Gesundheitswesen in Köln und die Fachgebiete Ernährungs-, Umwelt- und Agrarwissenschaften in Bonn. Der Bonner Standort blickt dabei auf eine deutlich längere Geschichte zurück, die in diesem Jahr ihr 175-jähriges Jubiläum feiert.

Gegründet 1847 als Bibliothek einer Lehranstalt stieg die Größe und Bedeutung der Bibliothek stetig an: Sie wurde Zentralbibliothek der Landbauwissenschaft und schließlich 2001 in zwei Bereichsbibliotheken aufgegliedert, wovon ein Teil ZB MED zugeordnet wurde.

Die Anfänge als Bibliothek der „Königlich höheren landwirtschaftlichen Lehranstalt“

Die Anfänge von ZB MED am Standort Bonn gehen in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, lange bevor der Gedanke an nationale zentrale Fachbibliotheken geboren wurde. Die Entwicklung der Forschung in den exakten und angewandten Wissenschaften hatte im 19. Jahrhundert eine stärkere Differenzierung und Spezialisierung mit sich gebracht und war Auslöser einer Gründungswelle von zahlreichen Akademien und Fachhochschulen geworden. In Poppelsdorf bei Bonn stand 1847 das politische Barometer günstig für die Verwandlung des Institutes für Landwirtschaft der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, in eine „Königlich höhere landwirtschaftliche Lehranstalt“.

Deren erster Direktor Dr. Schweitzer stellte leihweise Bücher aus seiner Privatbibliothek zur Verfügung, da kein Literaturgrundstock für die Bibliothek vorhanden war. Er beantragte Finanzmittel für „Sammlungen und Bibliothek“ beim Preußischen Innenminister. Das Ministerium bewilligte zunächst 13 Reichstaler.

Die Bibliothek und die Sammlungen befanden sich in zwei Räumen der Gutsverwaltung. Diese Räume wurden von Schweitzer bereits als „dürftig“ bezeichnet. In der Folgezeit wuchs die Bibliothek – für die es dann auch mehr Mittel und fachliche Betreuung gab – vor allem durch Schenkungen und Übernahmen aufgelöster Bibliotheken. Zudem wurde der vereinbarte Etat regelmäßig überschritten.

Umwandlung in die Bibliothek der „Landwirtschaftlichen Akademie“

1861 wurde die Landwirtschaftliche Lehranstalt in eine Akademie umgewandelt und der Bestand im Dachgeschoss des Direktoratsgebäudes der Akademie untergebracht, was aber weiterhin unzulänglich war.

Das besserte sich 1907 durch den Umzug der Bibliothek in das Erdgeschoß des bisherigen Hauptlehrgebäudes in die Meckenheimer Allee 172. Außerdem erhielt der Bibliotheksverwalter einen eigenen Arbeitsraum und einen Bibliotheksdiener.

Umwandlung in die Bibliothek der „Landwirtschaftlichen Hochschule“ & Inkorporation zur Universität Bonn

1919 wurde die Landwirtschaftliche Akademie in eine „Landwirtschaftliche Hochschule“ mit Rektoratsverfassung und Promotionsrecht umgewandelt.

Diese wurde 1934 der Universität Bonn als siebte Fakultät inkorporiert, wodurch die Bibliothek der Universitätsbibliothek Bonn verwaltungsmäßig als Abteilung Landwirtschaft angegliedert wurde. Diese blieb jedoch an ihrem Standort und erlitt so im Unterschied zur Universitätsbibliothek keine Kriegsverluste.

Zentralbibliothek der Landbauwissenschaft (ZBL)

Die damit größte landwirtschaftliche Fachbibliothek Westdeutschlands bekam von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Jahre 1950 das Sondersammelgebiet Landwirtschaft zugewiesen. In den folgenden Jahren konnte die landwirtschaftliche Literatur des Aus­landes seit 1939 vervollständigt und weitere Lückenergänzungen vorgenommen werden, sodass die Abteilungsbibliothek 1962 zur Zentralbibliothek der Landbauwissenschaft (ZBL) ernannt wurde. Dr. Wilhelm Göcke wurde deren erster Direktor. Durch das Wachstum des Bestands in den folgenden Jahren auf über 120.000 Bände wurde ein Neubau notwendig. Dieser wurde ab 1970 geplant und konnte 1983 bezogen werden. Der medizinische und mathematisch-naturwissenschaftliche Bestand der Universitätsbibliothek wurde hier ebenfalls untergebracht.

Aufteilung und Integration in ZB MED

Trotz der steigenden Größe wurde im neuen Jahrtausend die Abwicklung der Deutschen Zentralbibliothek für Landbauwissenschaften als selbstständige Einrichtung beschlossen. Das nordrhein-westfälische Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung wendete eine vollständige Schließung der Bibliothek ab, indem die ZBL in zwei Einrichtungen integriert wurde, die weiterhin am gewohnten Standort nebeneinander benutzt werden können.

Die Bereichsbibliothek Ernährung und Umwelt – sowie später auch die Agrarwissenschaften – wurde der Deutschen Zentralbibliothek für Medizin (ZB MED) mit Sitz in Köln zugeschlagen. Der andere Teil der Bibliothek und des Personals wurde zur Abteilungsbibliothek Medizin, Naturwissenschaften und Landbau der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn.

Mit ihren sich ergänzenden Sammelgebieten Medizin und Gesundheit sowie den Ernährungs-, Umwelt- und Agrarwissenschaften ist ZB MED heute weltweit die größte Bibliothek mit diesem umfassenden Sammelspektrum.

Digitale Sammlungen – historische Literatur weltweit verfügbar

Die Geschichte des Bonner ZB MED-Standortes wird auch in einer eigenen Digitalen Sammlung „Landwirtschaftliche Akademie in Bonn-Poppelsdorf“ (https://digital.zbmed.de/zbmedlandwakad) anschaulich anhand von digitalisierten Werken, Bildern und Urkunden erfahrbar gemacht.

Grundsätzlich beherbergen die Digitalen Sammlungen von ZB MED einen großen Schatz lebenswissenschaftlicher Literatur. An beiden Standorten digitalisiert das Team historische Werke aus den Bereichen Medizin, Gesundheitswesen, Ernährungs-, Umwelt- und Agrarwissenschaften, die vor etwa 1920 veröffentlicht wurden. Dabei handelt es sich um eigene, aber auch fremde Bestände, die in der Regel urheberrechtsfrei sind und daher allen Nutzenden online kostenfrei zur Verfügung gestellt werden können. Darunter befinden sich beispielsweise Sammlungen zur Medizingeschichte, Lebensmitteltechnologie oder zum Pflanzenbau. Weit über 8.000 Titel, die sich über verschiedene Suchoptionen erschließen und verarbeiten lassen, sind weltweit verfügbar. Die Digitalen Sammlungen werden kontinuierlich erweitert und aktualisiert.

Zu den Digitalen Sammlungen: https://digital.zbmed.de/

DOI (Digitalausgabe): https://doi.org/10.48664/6vzc-m756

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. D. J.

    Die Abteilungsbibliothek für vorklinische Medizin und Naturwissenschaften war bereits vor der Abwicklung mit dem Einzug in den Neubau mit der ZBL im selben Gebäude untergebracht. Lediglich die Namenserweiterung „Landbau“ ist erst infolge der Abwicklung im Jahr 2001 hinzugekommen

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