Wie schafft man es, eine Veranstaltung, die bis jetzt in Präsenz stattfand, im digitalen Bereich ins Leben zu rufen? Was ist zu beachten, welche Probleme treten auf und kann man den Erwartungen gerecht werden? Wie diese Fragen beantwortet und Probleme bewältigt wurden, berichten Marco Keller und Pauline Aldenhövel.
Von der Präsenz in die digitale Runde
von Marco Keller
Das Open Science Barcamp stand vor der Tür, das Thema war bekannt. Einziges Problem: Corona und die fehlende Präsenzveranstaltung. Damit der Übergang in eine digitale Veranstaltung gelingt, lag es an den Studierenden des Studienganges Bibliothek und Digitale Kommunikation der TH Köln tatkräftig bei der Planung zu helfen.
Die Aufgabe, die mir und zwei weiteren Kommiliton:innen zugeteilt wurde, bestand darin, eine geeignete Plattform für das Open Science Barcamp – kurz Oscibar – zu ermitteln und einzurichten. Was gab es zu beachten?
- Man muss genug Platz für rund 100 Gäste bieten.
- Es muss die Möglichkeit geben, mehrere parallele Sessions zu führen.
- Zugriff und Umgang mit der Plattform sollten für die Gäste einfach und verständlich sein.
Mit diesen Kriterien begann unser Team mit der Recherche und dem Vergleich von angemessenen Plattformen. Dabei wurden schnell drei Favoriten ermittelt. ZOOM, Wonder.me und Gathertown. Zoom bedarf keiner Erklärung, schließlich ist der Begriff Zoom beinahe synonym mit Pandemie. Bei Wonder.me und Gathertown handelt es sich um digitale Räume, in denen sich Nutzer:innen frei bewegen und interagieren können. Fast wie ein echter Raum, aber auch nur fast. Zwar war Gathertown sehr bunt und lebendig, jedoch haben wir uns für das etwas simplere Design von Wonder.me entschieden.
Was bietet Wonder.me? Nutzer:innen sind in der Lage, sich durch einen virtuellen Raum mit kleinen Unterräumen zu bewegen und können zu Video- und Sprachkonferenzen zusammenkommen. Perfekt für kleinere Sessions und Diskussionsrunden. Das alles sogar kostenlos! Jedoch gab es ein paar Einschränkungen. Sessions waren auf maximal 15 Leute gleichzeitig begrenzt und der Zugriff auf die Plattform war nur über Desktop-PCs und Laptops möglich. Aber nichtsdestotrotz haben die Vorteile uns überzeugt.
Damit wäre die Plattform gewählt. Jetzt ging es ans Eingemachte. Wir haben uns häufig getroffen, Wonder.me erkundet, einander geholfen und erklärt, wie die Features funktionieren. Erst wurde geübt, wie Räume betreten und verwaltet werden. Dann wurden Meetings über Wonder.me gehalten und der Raum wurde an die Bedürfnisse des Barcamps angepasst. Während meine Kommiliton:innen mit der Kommunikation mit anderen Planern so wie der Erstellung einer Anleitung zu Wonder.me beschäftigt waren, lag es an mir, Farbe und Leben in den Raum zu bringen.
Was sind Schlagwörter, die zu unserem Barcamp passten? Köln – ZB MED – TH Köln – Oscibar. Die Zutaten waren da, jetzt ging es darum, einen passenden Hintergrund zu schaffen.
Man nehme die Kölner Rheinbrücke, ein paar Logos, ein schönes Hashtag und voilà – der Hintergrund für unsere Veranstaltung war entstanden.
Der Raum stand, die Passwörter und Zugriffe für die Gäste funktionierten und optisch war auch alles für den großen Tag parat. Doch wir waren noch nicht ganz da, wo wir hinwollten.
Für uns drei war Wonder.me mittlerweile eine Selbstverständlichkeit und die Nutzung war so einfach wie atmen (man darf ja wohl manchmal etwas übertreiben). Aber es reicht nicht, wenn wir der Lage Herr sind. Also war es nun an der Zeit, unsere anderen Kommiliton:innen an Wonder.me heranzuführen.
Ich würde gerne behaupten, alles hat einwandfrei funktioniert und man hat uns für unsere Leistungen zugejubelt. Aber so rosig lief es nicht. Es gab das ein oder andere Problem, welches auftrat. Rechner, die nicht in der Lage wären, die nötige Leistung zu bringen. Webcams und Mikrofone, die nicht mitspielen wollten. Webbrowser, die kein großes Interesse hatten, Wonder.me planmäßig zu nutzen. Doch nach und nach ließen sich auch diese Hürden bewältigen.
Der Raum stand, die anderen Studierenden waren vorbereitet und der Veranstaltung stand nichts mehr im Weg. Am 25. Und 26.6 war es dann endlich so weit. Das Open Science Barcamp 2021 hat gestartet und unsere Mühen machten sich bezahlt. Die Diskussionen waren lebendig, die Nutzer:innen konnten die Funktionen planmäßig nutzen und Wonder.me hat die ganzen Stunden ohne großartige Probleme unser Barcamp gehostet. Für das digitale Barcamp war es im Großen und Ganzen ein klarer Erfolg. Jedoch gab es noch einige Punkte, die Verbesserungen vertragen könnten. Sollte es wieder ein digitales Barcamp geben, haben wir immerhin eine gute Grundlage, auf der wir aufbauen können, um ein noch besseres Erlebnis zu erzielen.
Wonder.me, Gathertown oder doch lieber Zoom?
von Pauline Aldenhövel, ORCID ID: https://orcid.org/0000-0002-0018-9902
Ein Barcamp[1] zeichnet sich neben einem thematischen Austausch mit vielfältigen Perspektiven besonders durch eine lockere und ebenbürtige Atmosphäre aus. Zwischendurch wird gerne mal bei Kaffee und Kuchen offtopic gesprochen, miteinander gelacht und es werden Kontakte geknüpft. Doch gerade diese Face-to-Face-Situation ist durch die Pandemielage erschwert. Wie also lässt sich digital – eben wie bei einem Barcamp in Präsenz – eine Atmosphäre schaffen, in der sowohl auf fachlicher Ebene diskutiert als auch Kaffeekränzchen abgehalten werden können? Dieser Beitrag beschreibt den Entscheidungsprozess hinter der Plattformauswahl.
Folgende grundlegende Kriterien sind zu beachten: Datenschutz, Zugriff, Kosten, Anzahl der Teilnehmenden. Die Thematik des Datenschutzes ist sehr komplex und sollte bei Unsicherheiten mit dem entsprechenden Beauftragten besprochen werden. Für das #oscibargoescologne-Barcamp sind die Plattformen Zoom, Gathertown und Wonder.me in Betracht gezogen worden[2], bei denen die Server zumeist jedoch nicht in Deutschland stehen. Der Zugriff erfolgt bei allen über den Browser (Zoom besitzt auch eine Desktop-Anwendung) und kann vom Host mit einem Passwortschutz versehen werden. Lediglich bei Zoom ist eine Telefoneinwahl möglich. Wonder.me ist kostenfrei und kann so gesehen unendlich viele Nutzende in einem Raum fassen, währenddessen bei Gathertown in der kostenfreien Version lediglich 25 Teilnehmende zugelassen sind. Da Zoom in den letzten eineinhalb Jahren zu DER Videokonferenzplattform geworden ist und in großer Zahl von Unternehmen und Einrichtungen bereits lizenziert worden ist, könnte dieses auch für ein Barcamp mit größerer Teilnehmendenzahl und ohne zeitliche Begrenzung genutzt werden.
Bei der Entscheidung für die Plattform im Rahmen des Open Science Barcamps im Juni 2021 in Köln wurde besonders Wert auf die Schaffung einer lockeren Atmosphäre mit der Möglichkeit auch für kleine Off-Topic-Gespräche und Rückzugsmöglichkeiten gelegt. Barcamps sind etwas Besonderes und Dynamisches! Sollten diese deshalb wirklich über die im Berufs- und Universitätskontext kontinuierlich eingesetzte Plattform Zoom ablaufen?! Eher nicht. Die Kölner Studierenden haben sich gegen Zoom entschieden, welches darüber hinaus keine optimale Möglichkeit für ebengenannte Rückzugsorte und Kleingruppengespräche liefert. Es müsste auf eher suboptimale Art im Sinne eines niedrigschwelligen Zugangs in entsprechende Breakout-Sessions gewechselt werden, wobei die Teilnehmenden für das eigenständige Wechseln über eine aktuellere Version und einen eigenen Account verfügen müssten.
Sowohl Gathertown als auch Wonder setzen auf eine dynamische Interaktion mit der Möglichkeit, sich in einer virtuellen Umgebung zu bewegen. Dies schließt die einfache Teilnahme per Telefoneinwahl wie in Zoom aus, sorgt aber auch gleichzeitig für die Möglichkeit des Rückzuges und der Kleingruppengespräche. Bei beiden Plattformen kann nur mit anderen Teilnehmenden per Kamera und Mikro kommuniziert werden, wenn sich diese in unmittelbarer Nähe befinden. Bei Wonder besteht sogar die Möglichkeit einen sogenannten Circle abzuschließen, sodass keine weiteren Teilnehmenden dem Kleingruppengespräch beitreten können. Gathertown sieht ein solches Abschließen von Kommunikationsräumen nicht vor. Es lassen sich zwar aktiv bubbles oder vorab private spaces erstellen, doch besteht hier teilweise durch einen kleinen Trick immer die Möglichkeit, dass Dritte bzw. weitere Teilnehmende der Kommunikation beitreten. Teilnehmenden selber ist es nicht möglich, spontan private spaces zu bilden. Um Informationen an alle Teilnehmenden weitergeben zu können, besteht neben dem klassischen Chat bei beiden Plattformen eine Broadcast-Funktion als einseitiger Kommunikationsweg: Alle können zwar den Sprecher hören, der Sprecher jedoch nicht die Teilnehmenden.
Die Tatsache einer virtuellen Welt sorgt in der Regel jedoch für eine relativ hohe Rechenlast, welche aufgrund der virtuellen 2D-Welt in Gathertown höher ausfallen sollte als bei dem schlicht aufgebauten Wonder. Da die Openness bei digitalen Barcamps eine bedeutende Rolle spielt, sollte auf einen niedrigschwelligen Zugang geachtet werden und die CPU-Last möglichst gering sein.
Letztendlich wurde sich für Wonder.me und gegen Gathertown als Plattform für das virtuelle Open Science Barcamp entschieden. Diese Entscheidung wurde besonders beeinflusst durch die Kriterien der kostenfreien Nutzung, der Vermutung der geringeren Rechenlast und der schlichten Gestaltung der Oberfläche.
Wonder.me als „Sieger“ – eine gute Wahl für #oscibargoescologne?!
Im Allgemeinen hat sich im Verlaufe des Open Science Barcamps in Köln herausgestellt, dass es durchaus möglich ist, Wonder.me als eine Plattform für Barcamps zu nutzen. Leider kann es aber auch zu technischen Problemen kommen, die vorrangig mit der Wahl des Browsers zusammenhängen. Laut eigener Angaben sollte für Wonder am besten Chrome genutzt werden, doch zeigten sich auch hier vereinzelt Probleme. So musste beispielsweise das Mikro nach Stummschaltung bei vereinzelten Teilnehmenden immer wieder neu aktiviert werden oder der Browser alle paar Stunden neu geladen werden, weshalb die Plattform in diesem Kontext in der Reflexion u.a. als „Faultier“ oder „störrischer Türsteher“ beschrieben worden ist.
Eine oft genannte Kritik bezog sich auf die Begrenzung von max. 15 Teilnehmenden in einem Circle: Wenn jemand zu spät gekommen ist und der Circle bereits voll war, so konnte leider nicht mehr an den inhaltlich spannenden Diskussionsrunden teilgenommen werden. Um bei Barcamps dennoch Diskussionsrunden für jeden Interessierten zu ermöglichen, könnte für diese Situationen spontan auf Zoom gewechselt werden. Die Gruppe ist dann zwar größer, was eine Diskussion mit allen zusammen erschwert, aber dadurch wird auch lediglich Zuhörenden die Diskussionsteilnahme ermöglicht.
Fazit
Wonder.me ist eine abwechslungsreiche Alternative zum zumindest in Hochschulkreisen überaus bekannten Zoom. Als Plattform für ein Barcamp ist Wonder aus persönlicher Sicht der Autorin geeignet, doch sollte eine gewisse Toleranz bestehen was mögliche Neuladungen des Browsers bei langwierigen Veranstaltungen angeht. Als besonders geeignet hat sich eine Kombination aus Wonder als Interaktions- und Kommunikationsplattform und einem externen Whiteboard-Tool wie beispielsweise Miro als Organisations- und Überblickstool herausgestellt. Auf diesem Board können alle wichtigen Informationen und Links für ein Barcamp festgehalten und gemeinsam erarbeitet werden. Um den Gedanken des gegenseitigen Kennenlernens zusätzlich zu fördern, können sich die Teilnehmenden vorab auf dem Whiteboard über eine entsprechende Post-It-Notiz vorstellen. Ein digitales Barcamp kann zwar die „echte“ Barcamp-Atmosphäre nicht zu 100% nachbilden, doch ist es auch in Zeiten von AHA durchaus möglich eine lockere und interessante Atmosphäre zu realisieren. Zusätzlich können im Digitalen mehr Interessierte teilnehmen, da nicht zum entsprechenden Veranstaltungsort gependelt werden muss.
[1] Für nähere Auskunft, was ein Barcamp generell ausmacht siehe das Video „Was ist ein Barcamp?“ von Corporate Learning Community / YouKnow. Verfügbar unter https://www.youtube.com/watch?v=jLnISfPxGWg
[2] Weiterführende Literatur: Vergleichender Artikel von weiteren Interaktionsplattformen: Sartorius, Kim; Gieselmann, Hartmut (2021): Kongress der Avatare. Kostenlose Online-Interaktionsplattformen für virtuelle Gruppentreffen. In: c´t, 2021, Heft 13, S.116-120]
DOI (Digitalausgabe): https://doi.org/10.48664/f5t5-3p47
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