Mit einer Leitlinie zur Wissens- und Kompetenzvermittlung hat ZB MED sich in der Strategie das Ziel gesetzt, aktiv Wissen, Kompetenzen und Fähigkeiten zu vermitteln.
von Elke Roesner
Was erwarten Sie von einem „Informationszentrum Lebenswissenschaften“? Klar, erst einmal Informationen – und die können vielfältig sein. Aber würden Sie auch Tipps und Hacks, Aus- und Weiterbildungsangebote erwarten? Vermutlich eher nicht. Doch die Anforderungen in einer immer digitaler werdenden Welt voller Interaktionen verändern sich. Bibliotheken, Forschungseinrichtungen, Informationszentren begegnen diesem Wandel mit neuen Angeboten sowohl für die Nutzenden als auch für die eigenen Mitarbeiter:innen.
Gemeinsam mit unserem Kooperationspartner BIBI, dem Bielefelder Institut für Bioinformatik-Infrastruktur, haben wir uns die aktive Kompetenzvermittlung auf die Fahnen geschrieben. So heterogen wie die User:innen von ZB MED und BIBI sind auch die hilfreichen Tipps und Tricks sowie die Angebote zum Lernen: von Workshops über konkrete Beratung und interne Wissensvermittlung bis hin zur Lehre. ZB MED und BIBI nutzen dabei die verschiedensten Plattformen und Kanäle – vor Ort, digital, im Netz.
Einige der Formate stellen wir Ihnen exemplarisch vor:
Programmieren für alle: The Carpentries
„The Carpentries“ meint – wie Sie sich wahrscheinlich denken können – keine klassische Zimmermannskunst, aber die Philosophie der globalen Non-Profit-Organisation ist eine ganz Ähnliche.
Und was steckt dahinter? The Carpentries vermitteln Grundlagen in Programmierfähigkeiten und Data Science an Forschende und Bibliothekar:innen. Gleichzeitig machen sie sich stark für lokales Community Building. The Carpentries bieten Schulungen in Data Science (Data Carpentry), Software Programmierung (Software Carpentry) und auch speziell für Bibliotheken (Library Carpentry) an.
Das Format der Carpentries zielt darauf ab, Teilnehmenden in einem zweitägigen Workshop Basiswissen zu drei verschiedenen IT-Themen an die Hand zu geben. Das können zum Beispiel Programmiersprachen, Datenstrukturen und Datenverwaltung sein. Die vermittelten Inhalte legen ein Fundament, auf dem die Teilnehmenden im Anschluss eigenständig aufbauen können. Hacken und experimentieren sollen dabei nicht zu kurz kommen, denn der Spaßfaktor gehört bei den Capentries immer dazu! Letztlich wird mit relativ einfachen Mitteln – wie mit einem Hammer, einem Nagel und Baumaterial – etwas Neues geschaffen. Eben genauso wie bei den Zimmerleuten.
ZB MED hat seit 2018 ca. 50 Carpentry Workshops mit insgesamt über 700 Teilnehmenden durchgeführt. Unsere Mitarbeiter:innen agieren dabei in den verschiedensten Rollen: als Instructor, Maintainer, Trainer, Executive Council und Regional Coordinator für die DACH-Region.
Forschungsdaten-Workshops – Training Workshop on Research Data
Die Data Stewards aus dem Bereich Open Science von ZB MED geben seit 2019 regelmäßig Workshops zum Thema Forschungsdatenmanagement in den Fächern Medizin und Biomedizin. Ziel ist es, Wissen zu vermitteln, um die Forschenden unabhängig von ihrem Wissensstand in Bezug auf Forschungsdaten zu befähigen, die Daten über eine lange Zeit verfügbar und benutzbar zu machen. Dies ist insbesondere für die mehrfache Auswertung unter verschiedenen wissenschaftlichen Fragestellungen wichtig und erspart die erneute aufwändige Datenerhebung.
Die Workshops finden in Kooperation mit lokalen Forschungsdatenzentren statt. Schon jetzt sind einige Trainings für die nahe Zukunft geplant, denn die Nachfrage danach wächst konstant. Mit den Data Stewards hat sich schon jetzt ein neuer Beruf herauskristallisiert, den es so vor Kurzem noch nicht gegeben hat.
Publikationsberatung mit Schwerpunkt Open Access
Wer publiziert, steht häufig vor neuen Fragestellungen: Wo und wie kann publiziert werden? Wie werden Plagiate, die zum Entzug der wissenschaftlichen Anerkennung führen können, vermieden? Anders gesagt: Wie können die Prinzipien der guten wissenschaftlichen Praxis, wie sie die DFG festgelegt hat, auch eingehalten werden?
Die Kolleginnen von ZB MED beraten schwerpunktmäßig zu Open Access, nehmen aber auch darüber hinausgehende Themen mit in den Blick. Hierzu zählen u.a. wissenschaftliche Reputationsbildung und Open Science.
Ziel ist es, Forschende unabhängig und neutral zu beraten, damit sie eine informierte Entscheidung bei allen Fragen rund um die Publikation ihrer wissenschaftlichen Ergebnisse treffen können.
Die Beratung erfolgt in unterschiedlichen Formaten:
- FAQs auf der Website publisso.de
- Persönliche Beratung per Telefon, Mail, Zoom oder vor Ort
- Lehrveranstaltungen, Workshops, Vorträge oder Webinare
- Social Media wie Twitter oder YouTube
Nachgefragt wird die Beratung von einer breiten Zielgruppe:
- Forscher:innen in den Lebenswissenschaften
- Kolleg:innen aus anderen Bibliotheken, die als Multiplikator:innen das erlangte Wissen an die Forschenden an ihren Einrichtungen weitergeben
- Berufspraktiker:innen
- Entscheidungsträger:innen in Wissenschaft und Wissenschaftspolitik.
Beratung zur Langzeitarchivierung für die Praxis
Der technische Fortschritt führt im Hinblick auf den langfristigen Zugriff auf Inhalte zu großen Herausforderungen. Die Floppy Disk von einst ist zum Beispiel längst Geschichte, die darauf gespeicherten Daten für die meisten nicht mehr lesbar. Denn auch die Geräte dafür fehlen fast immer. Aus diesem Grund hat die Digitale Langzeitarchivierung das Ziel, digitale Text- und Datenpublikationen lange Zeit wiederverwendbar zu halten. Dabei geht es nicht nur um die Speicherung, sondern auch um Erhaltungsmaßnahmen, wie z. B. die Migration von Dateien auf ein aktuelles Format. Ziel ist es, die Wiederverwendbarkeit für die Wissenschaft deutlich über zehn Jahre hinaus zu gewährleisten.
Die ZB MED-Expert:innen aus dem Team der Digitalen Langzeitarchivierung geben ihre Erfahrungen innerhalb der Bibliotheks-Community über Vorträge und Webseminare weiter. Ein besonderes Anliegen ist es dabei, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass Rechtsfragen und geeignete Dateiformate schon früh beachtet werden müssen. Dies beginnt beispielsweise schon beim Upload von Dateien und Publikationen in Repositorien. Wichtig ist es auch, bereits bei der Datenerstellung die Langzeitarchivierung mitzudenken. Daher lernen Forschende in den Workshops, wie sie selber bewerten können, ob ihre Daten FAIR und insbesondere langfristig wiederverwendbar sind
Graduiertenschule für Bioinformatik
Ein herausragender strategischer Kooperationspartner für ZB MED ist das Bielefelder Institut für Bioinformatik-Infrastruktur (BIBI). Die gemeinsame Strategie von ZB MED und BIBI zeigt dies eindrücklich. So war es nur konsequent, auch ein gemeinsames Angebot für Promovierende aufzubauen.
Die Graduiertenschule „Digital Infrastructure for the Life Sciences (DILS)“ – angesiedelt am BIBI – richtet sich daher explizit an Promovierende von BIBI und ZB MED. Die Ausbildung der Nachwuchswissenschaftler:innen beinhaltet eine strukturierte Promotion und damit eine gute Betreuung, Qualitätssicherung und ein individuelles Ausbildungsprogramm für eine Karriere innerhalb und außerhalb der Academia. Darüber hinaus bietet DILS eine Plattform für enge inhaltliche Zusammenarbeit zwischen den Promovierenden und ihren Betreuer:innen, also den Forschenden von BIBI und ZB MED.
ZB MED auf YouTube
So manche Frage, die sich stellt, wird mit Hilfe von YouTube-Filmen beantwortet. Kein Wunder, denn YouTube ist nach Google die weltweit zweitgrößte Suchmaschine. Es finden sich Informationen, Tipps und Tutorials aus allen denkbaren Bereichen – darunter auch Hilfestellungen für Wissenschaft und Forschung. Gute Gründe für ZB MED dort zu sein, wo auch potentielle User:innen sind. Die Herausforderung besteht darin, fachspezifische Themen so zu kommunizieren, dass sie faktisch korrekt, verständlich und gut zugänglich sind. Videos sind dafür ideal. ZB MED adressiert dabei vor allem Nachwuchswissenschaftler:innen, Forschende und auch die interessierte Öffentlichkeit und hat verschiedene Formate entwickelt:
Bei NACHGEFRAGT kommen ZB MED-Wissenschaftler:innen zu Wort. Im Interview berichten sie über aktuelle oder grundsätzlich interessante Themen. So erläutert beispielsweise Juliane Fluck das NFDI4Health-Konzept, Konrad Förstner gibt Einblicke in die digitale Informationsversorgung über LIVIVO und Jasmin Schmitz hilft mit praktischen Hinweisen zur Vermeidung wissenschaftlichen Fehlverhaltens. An ein eher jüngeres Publikum wendet sich das Format ZB MED Lab. Hier erläutert Rabea Müller sehr fachkundig eher „nerdige“ Themen. Natürlich gibt es auch ein Video zu The Carpentries, um User:innen, die die Workshops noch nicht kennen, darauf aufmerksam zu machen. Tipps rund ums Hacken, Lernen und die eigene Weiterbildung kommen hier in sehr kondensierter Form entspannt auf den Punkt.
https://www.youtube.com/user/ZBMED
Cookie-Lectures – internes Lernen in lockerer Atmosphäre
Das Format der beliebten Coffee Lectures nutzen wir nicht nur extern, sondern auch intern. Das Prinzip: In gemütlicher Atmosphäre – bei Kaffee und Keksen – lernt es sich besonders angenehm. Der Bereich Organisations- und Personalentwicklung hat seit ein paar Jahren bei ZB MED die sogenannten “Cookie-Lectures” etabliert wöchentlich im Wechsel mit Forschungskolloquien. Dabei geben Expert:innen für die unterschiedlichsten Themengebiete jeweils einen Impulsvortrag. Und danach ist genug Zeit für Fragen jeglicher Art. Die Themen sind vielfältig und gehen von Open Science und Langzeitarchivierung über Gender Mainstreaming bis zur Dachmarkenstrategie. Gestartet ist das Format in Präsenz und wurde 2020 nahtlos ins Digitale übertragen.
Die Zahl der interessierten Kolleginnen und Kollegen, die durch diesen einfachen Zugang teilnehmen, hat sich signifikant erhöht. Voneinander zu lernen steht dabei im Vordergrund – und die Neugier, was die Kolleg:innen eigentlich den ganzen Tag machen, wird auch gestillt.
Vorhandenes Wissen sichern – Know how weitergeben
Sie werden es kennen: Wenn Kolleg:innen die Institution verlassen, geht häufig Wissen verloren. Neue Kolleg:innen müssen sich zu Beginn erst mühsam in die neue Tätigkeit einarbeiten. Wenn Menschen aus der Forschung in einer Institution arbeiten, die auch eine Bibliothek ist, kommen verschiedene Welten zusammen. In solchen Fällen ist das Voneinander-Lernen besonders wichtig. Konkret bedeutet es, das in der Organisation anfallende Wissen oder Know-How nicht nur zu dokumentieren, sondern auch zu streuen, und dabei nicht nur an bibliothekarisches Personal, sondern auch an Forschende oder alle potentiell Interessierten weiterzugeben. Dazu gibt es unterschiedliche, bedarfsgerechte Formate: personalisierte, zweckgebundene Training sowie Hospitationen oder Praktika. Damit werden praxisbezogen Wissen, Kompetenzen und Fähigkeiten vermittelt.
Forschungskolloquien oder “Science for Scientists“
Das beliebte Format der Forschungskolloquien hat bei ZB MED 2018 Einzug gefunden. Forschende, die im lebenswissenschaftlichen Kontext arbeiten, stellen ihre Forschungsarbeit vor. Manche der Forscher:innen arbeiten bei ZB MED, manche bei kooperierenden Institutionen. Der Austausch und das Verständnis für die Forschung werden dabei gestärkt. Der Blick über den Tellerrand kann für die eigene Arbeit inspirieren. Bei den Forschungskolloquien sind alle willkommen, die bei ZB MED oder BIBI arbeiten. Das digitale Format macht es besonders einfach, externe Sprecher:innen einzuladen und ermöglicht die Teilnahme von sehr vielen Interessierten.
Wissens- und Kompetenzvermittlung bei ZB MED zum Nachschauen als Video:
DOI (Digitalausgabe): https://doi.org/10.48664/w4q0-m680